Dienstag, 31. Mai 2016

Liebster Blog Award


Vielen Dank an Funao´s Welt, die mich beim Liebsten Blog Award nominiert hat.



Regelwerk:
1. Danke dem Blogger, der Dich nominiert hat.
2. Verlinke den Blogger, der Dich nominiert hat.
3. Füge eines der Liebster-Blog-Award Buttons in Deinen Post ein.
4. Beantworte die Dir gestellten Fragen.
5. Erstelle 11 neue Fragen für die Blogger, die Du nominierst.
6. Nominiere neue Blogs.
7. Informiere die Blogger über einen Kommentar, dass Du sie nominiert hast.




Hier die Fragen von Funao´s Welt und meine Antworten dazu:

1. eBook oder Print und vor allem, warum?
Immer Print, ich muss in einem Buch blättern können, es anfassen, mir einen Überblick verschaffen.

2. Und wenn Print, Hardcover oder Taschenbuch?
Das ist mir gleich.

3. Sommer oder Winter?  SOMMER
4. Tee oder Kaffee? KAFFEE

5.Wie viele Bücher hast du im Regal?
Moment, muss ich erst zählen...

6. Hast du einen Lieblingsautor?
Einen? Der Post wird zu lang...

7.Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?
Hauptberuflich lesen zu können....und natürlich Frieden und Gerechtigkeit auf der Welt (Das waren zwei, dann eher der letzte).

8.Warst du schon auf einer Buchmesse und wenn ja, wie war es für dich?
Leider nein, würde aber gerne mal nach Frankfurt fahren.

9. Gibt es einen Autoren, den du gern mal persönlich treffen würdest und was würdest du ihm gern sagen?
siehe Frage 6

10. Magst du Hörbucher und wenn ja, was war dein letztes gehörtes Buch?
"Alles Licht, das wir nicht sehen" von Anthony Doerr. Ich mag Hörbucher!

11. Welches war das erste Buch, das du gelesen hast?
"Der kleine Sonnenstrahl", der die Welt am Morgen entdeckt und dabei auf eine kleine Ente trifft.



Ich nominiere zwei Blogs, die mir ganz besonders am Herzen liegen:

Annes Hobbystube, deren Projekt "Gegen das Vergessen" mein Leseverhalten nachhaltig beeinflusst hat.

Literatur zum Nachdenken und zum Nachspüren, deren Gedanken und Rezensionen immer anregend sind.


Meine Fragen:

1. Woher resultiert deine Liebe zu Büchern?
2. Welches Kinder- oder Jugendbuch hat dich nachhaltig beeinflusst?
3. Welches Buch würdest du niemals hergeben?
4. Welches Buch sollte deiner Meinung nach unbedingt in der Schule gelesen werden?
5. Welches Buch hat dich persönlich im letzten halben Jahr zutiefst berührt?
6. Es gibt einen wunderbaren Jugendroman, "Die Buchspringerin", in dem die Protagonistin in Bücher springen kann, in welches würdest du hineinspringen?
7. Mit welcher Romanfigur würdest du gerne einen Tag in ihrer Welt verbringen?
8. Gibt es einen Roman, den du immer wieder verschenkst?
9. Welchen Roman möchtest du anderen ganz besonders ans Herz legen?
10. Gibt es eine Literaturverfilmung, die du für besonders gelungen hältst?
11. Wo tauschst du dich mit anderen über Bücher aus?

Montag, 30. Mai 2016

Warum brauchen wir unabhängige Buchhandlungen?

- zwei Antworten auf diese Frage:

Buchdaten
Verlag: Atlantik,
18.1.2016

ISBN-13:
978-3455370284

Verlag: Fischer
Taschenbuch,
April 2016

ISBN-13:
978-3596036103

Ann Patchett, eine erfolgreiche US-amerikanische Autorin, schildert, wie sie sich gemeinsam mit zwei Geschäftspartnerinnen entschieden hat, eine eigene Buchhandlung zu eröffnen, nachdem in ihrer Heimatstadt Nashville die letzte unabhängige Buchhandlung die Pforten geschlossen hat. Auf ihrer Lesereise propagiert sie ihre Entscheidung und erzählt sehr amüsant von den Reaktionen der Journalisten, die immer wieder betonen, der Buchhandel sei tot. Bis sie begreift, dass sie als berühmte Autorin genau wie die Modezeitschriften, Trends setzen kann, und behauptet, der Buchhandel erlebe eine Wiederauferstehung. Der Erfolg ihres Ladens gibt ihr Recht.

Es sind solche wunderbaren Sätze, die mich an meine eigene Buchhandlung denken lassen und die mir wieder vor Augen führen, warum ich dort meine Bücher kaufe:

"Mills hieß der Buchladen meiner Jugend (...), kann nicht viel größer als 60 Quadratmeter gewesen sein, und die Leute, die dort arbeiteten, kannten dich und merkten sich, was du liest, auch wenn du erst zehn Jahre alt warst. Wenn ich so einen Buchladen erschaffen will, der Bücher und ihre Leser hoher schätzt als Muffins und schicke Plastikgießkannen, einen Laden, der nicht den Anspruch hat, jedes Buch auf Lager zu haben, das jemand suchen könnte, und deshalb mit den Büchern bestückt ist, die das Personal gelesen hat und empfehlen kann, wenn ich das Bücherglück meiner Kindheit wiedererschaffen will - dann war vielleicht ich genau die Richtige dafür." (S.16/17)

"Jetzt, da wir jederzeit jedes Buch bestellen können, ohne uns vom Bildschirm wegzubewegen, merken wir, was wir verloren haben: eine Begegnungsstätte, zwischenmenschlichen Kontakt, die Empfehlung eines klugen Lesers im Gegensatz zu einem Computeralgorithmus, der uns sagt, was andere Kunden gekauft haben." (S.39)

Das ist genau das, was mich auch in den Zeiten des Internetbuchhandels in meinen Buchladen führt: Ein netter Plausch über das Gelesene, über Neuerscheinungen, eine Buchempfehlung von der Buchhändlerin meines Vertrauens und plötzlich halte ich einen Roman in Händen, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn nicht kenne.

Und genau an diesem Punkt setzt der Essay von Mark Forsyth an.

Er argumentiert, dass wir wissen, dass wir bestimmte Bücher gelesen haben. Also das bekannte Bekannte. Daneben gibt es Bücher, von denen wir wissen, dass wir sie nicht gelesen haben, das unbekannte Bekannte. Soweit so gut, aber das Entscheidende sind die Bücher, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht gelesen haben, da wir sie überhaupt nicht kennen und auch nicht danach suchen. Das unbekannte Unbekannte - und diese Literatur kann uns auch Amazon nicht empfehlen, da der Algorithmus uns immer nur diejenigen Bücher präsentiert, die zu unseren vorherigen Suchanfragen kompatibel sind. Die Maschine überlässt nichts dem Zufall, aber genau der führt uns in guten Buchhandlungen manchmal zu dem Buch, von dem wir nicht wussten, dass wir es nicht kennen. Diese Argumentationskette verknüpft Forsyth mit einigen weiteren interessanten Aspekten.

So führt er an, dass "Romantik ist, nicht das zu bekommen, was Sie wollten." (S.26)
Julia wollte sicherlich keinen Montague, Romeo keine Capulet und doch sind sie sich zufällig auf jenem Fest begegnet. Hätten sie sich im Internet suchen müssen, wären sie niemals ein tragisches Liebespaar geworden. Denn beide hätten bei der Partnersuche angegeben, dass sie keinen Montague respektive keine Capulet als potentiellen Geliebten wünschen.

Die gute Buchhandlung ist romantisch, sie führt uns zu Büchern, die wir eigentlich gar nicht haben wollten. Irgendwo warten die Bücher auf uns, die wir nicht suchen - und finden werden wir sie nicht im Netz, sondern zufällig, in einer wunderbaren unabhängigen Buchhandlung!



Sonntag, 29. Mai 2016

Emily Bronte: Sturmhöhe

- ein englischer Klassiker.

Buchdaten

Gebundene Ausgabe: 656 Seiten

Verlag: Manesse Verlag

ISBN-13: 978-3717522507

Orginaltitel: Wuthering Heights

Mein Dank geht an das Bloggerportal, das mir dieses Leseexemplar zur Verfügung gestellt hat.

Dank der Leserunde Klassiker auf whatchareadin habe seit langer Zeit privat mal wieder einen solchen gelesen und das mit Freude und Begeisterung.



Inhalt
Die Geschichte wird zu Beginn von einem Ich-Erzähler präsentiert, von Mr Lockwood, der das Anwesen Thrushcross Grange von Mr Heathcliff mieten möchte. Die Zustände in Wuthering Heights (Sturmhöhe), wo Mr Heathcliff wohnt, muten ihn seltsam an. Neben diesem lebt dort die junge Catherine Heathcliff, seine Schwiegertochter, Hareton Earnshaw sowie der alte Knecht Joseph und eine Magd.
Nach einer katastrophalen Nacht, in der Mr Lockwood vom "Geist" Cathys, der Mutter Catherines, heimgesucht wird, muss er auf seinem neuen Anwesen das Bett hüten. Während seiner langen Genesungszeit erzählt das Dienst- und Kindermädchen Ellen Dean, Nelly genannt, ihm die Geschichte der Familien Earnshaw und Linton, ebenfalls aus der Ich-Perspektive, da sie diese sowohl miterlebt als auch maßgeblich mitbestimmt hat.

Samstag, 28. Mai 2016

Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen


Hörbuch
Gesprochen von Frank Arnold

Spieldauer: 16 Std. 35 Min.
ungekürztes Hörbuch
Veröffentlicht: 25.12.2014

Vorne weg
Der Roman, der im 2.Weltkrieg spielt, stand lange auf der Spiegel-Bestsellerliste und erhielt 2015 den Pulitzer-Preis für Belletristik.


Inhalt
Die Geschichte beginnt im August 1944 in Saint-Malo (Bretagne) während und nach der Bombardierung der Stadt. Die Schicksale zweier Personen treffen an diesem Ort zusammen:
Das der 16jährigen blinden Marie Laure und des 18jährigen Waisenjungen Werner Hausners, der nach dem Bombardement mit seiner Einheit in einem Keller eingeschlossen ist.

Im Rückblick wird abwechselnd in kurzen Kapiteln erzählt, auf welchem Weg die beiden jeweils nach Saint-Malo gelangt sind, eingeschoben werden immer wieder die Ereignisse nach der Bombardierung.

Donnerstag, 19. Mai 2016

Linda Winterberg: Das Haus der verlorenen Kinder

Ein Roman über zwei Norwegerinnen, die im 2.Weltkrieg in zwei deutsche Soldaten verlieben.


Buchdaten

Taschenbuch: 528 Seiten

Verlag: Aufbau Taschenbuch

Erschienen am: 18.April 2016

ISBN-13: 978-3746632209

Vielen Dank an den Aufbau Taschenbuch Verlag, der mir dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.



Inhalt
Prolog
Die junge Lisbet, die ein kleines Mädchen geboren hat, scheint ganz allein im Dezember 1942 in Norwegen zu sein. Eine Tragödie hat sich abgespielt, die sie von ihrer besten Freundin Oda getrennt hat.

Die Geschichte springt nach dem Prolog ins Jahr 2005 und spielt in Wiesbaden, in einem Altenheim. Marie, eine junge Vollwaise, die ihre Eltern im Alter von zwei Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren hat, absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in jenem Heim, da sie in den Unterlagen ihrer Mutter eine Fotografie des Hauses entdeckt hat. Sie hat einen leidvollen Weg durch mehrere Pflegefamilien und Heimaufenthalten hinter sich, ihr Studium abgebrochen und ist auf der Suche nach ihren Wurzeln.
Im Altenheim lernt sie die resolute alte Dame Betty kennen, die aus Norwegen stammt und oftmals in ihren Erinnerungen versinkt.

Parallel dazu entfaltet sich im Rückblick die Geschichte zweier junger norwegischer Mädchen, die im kleinen Küstenstädtchen Loshavn leben und sich jeweils in einen deutschen Soldaten während der Besatzungszeit Norwegens im Mai 1941 verlieben. Die Protagonistin dieses Erzählstrangs ist Lisbet, und ohne viel vorwegnehmen zu wollen, erschließt sich recht schnell, dass Lisbet Betty sein muss.
Oda, Lisbets beste Freundin, und sie selbst folgen ihren Liebsten nach Kristiansand, allerdings halten sie ihre Beziehungen geheim. Die Verbindungen zwischen einem deutschen  Soldaten und einem norwegischen Mädchen wurden geächtet, die jungen Frauen als Huren und Verräterinnen, Kinder aus solchen Verbindungen als Deutschenkinder beschimpft und verachtet. Nichtsdestotrotz liebt Lisbet ihren Erich von ganzem Herzen.

Im Jahr 2005 erhält Marie einen Umschlag mit einem Tagebuch, das in norwegischen Schrift verfasst ist, mit einem Hinweis darauf, dass der Fall Lisbet Bauer zu eben jenem Altenheim weitergeleitet wurde. Es stellt sich heraus, dass das Altenheim im Dritten Reich ein sogenanntes Lebensborn-Heim gewesen ist:

Der Lebensborn-Verein wurde 1935 von Heinrich Himmler mit dem Ziel der Vermehrung der "arischen Rasse" gegründet. Der Verein unterstützte u.a. hilfsbedürftigen Mütter und Kinder "guten Blutes" in entsprechenden Heimen. (Quelle: LeMO)

Auch das Altenheim ist im Dritten Reich ein sogenanntes Lebensborn-Heim gewesen. Gertrud, eine Altenpflegerin ist selbst in diesem Heim geboren und auf der Suche nach ihrer Vergangenheit hat sie im Keller die Spuren dieser unrühmlichen Geschichte entdeckt sowie bergeweise Akten mit Fällen der Kinder, die dort gelebt haben.
Auch Maries Mutter ist augenscheinlich eines jener Kinder, die von Norwegen aus dorthin gebracht wurden. Während Marie und Gertrud auf Spurensuche sind, verschwindet Betty, gemeinsam mit den Norweger Jan, der ihrer Freundin Oda so ähnlich sieht.

Die Leser/innen erfahren, dass sowohl Lisbet als auch Oda schwanger sind und sie begegnen sich in einem Lebensborn-Heim in Hurdal Verk wieder, wobei sich herausstellt, dass Lisbet als "arisches" junges Mädchen besser behandelt wird als die Samin Oda.

Die Heime in Norwegen wurden vor allem in Norwegen zum Schutz der Mütter und Kinder, die eben oft Beschimpfungen und Angriffen ausgesetzt waren, gegründet, zur Bewahrung des wertvollen Blutes. Allerdings wurden einige Kinder den Müttern weggenommen und nach Deutschland verschleppt. Nur wenige konnten ihren Eltern nach dem Krieg zurückgegeben werden. (Quelle: LeMO)

In Norwegen treffen Betty und Jan letztlich auf Marie und Gertrud und das Rätsel um den Verbleib der Kinder von Lisbet und Oda löst sich auf.

Bewertung
Der Roman erzählt sehr einfühlsam die Geschichte der beiden norwegischen Mädchen, deren Schicksal sich auf ihre Nachkommen bis in die Gegenwart hinein auswirkt. Aufgrund der wechselnden Erzähllinien bleibt es bis zum Schluss spannend, bis sich das Rätsel um die beiden Mädchen - Lieselotte und Siri löst. Für meinen Geschmack entwirren sich die Fäden am Ende aufgrund sehr vieler Zufälle - aber irgendwie gönnt man den Protagonistinnen diese glückliche Fügung.

+++Spoiler+++
Für mich ist am Ende allerdings eine Frage offen geblieben: Warum hat Erich nach dem Krieg keine Nachforschungen um den Verbleib Lisbets angestellt, wenn er sie so sehr geliebt hat. Denn Lieselotte hat er mit seiner neuen Frau zu sich genommen, hier fehlt eindeutig ein Puzzleteilchen.
+++

Sprachlich hat mich der Roman aufgrund der vielen Wiederholungen, der konventionelle Bilder und teilweise trivialen Ausdrucksweise, wie z.B. "gefangen von seinen samtbraunen Augen" (S.21), nicht überzeugt.

Aber wichtiger ist, dass er auf die Behandlung der norwegischen Mädchen aufmerksam macht, die sich in einen deutschen Soldaten verliebt haben, und die Ungerechtigkeiten aufzeigt , denen sie ausgesetzt waren. Und er informiert über die Lebensborn-Heime, von denen ich persönlich vorher nur am Rande gehört habe und die deutlich machen, welche unmenschliche und verquere "Rassenideologie" die Nationalsozialisten vertraten, indem nur "arische" Kinder und Mütter entsprechend versorgt wurden.

Insgesamt eine interessante, spannende Geschichte, die es sich zu lesen lohnt.

Samstag, 14. Mai 2016

Harper Lee: Geh hin, stelle einen Wächter



Buchdaten

Gebundene Ausgabe: 320 Seiten

Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt

Erschienen am: 17. Juli 2015

ISBN-13: 978-3421047199

Originaltitel: Go Set A Watchman

Vorne weg
Harper Lee wurde mit ihrem Roman "Wer die Nachtigall stört", der 1960 erschienen ist und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, bekannt. Der vorliegende Roman, ihr Erstlingswerk, galt bisher als verschollen, bis es eine Freundin der Autorin zufällig im September 2014 gefunden hat. Es ist zwar zeitlich vor "Wer die Nachtigall stört" entstanden, die Romanhandlung spielt jedoch 20 Jahre danach.

Inhalt
Der Roman spielt in den 1950ern in Alabama, in Maycomb County. Die 26jährige Jean Louise fährt jedes Jahr von New York, wo sie arbeitet, für zwei Wochen in ihre Heimat, um ihren inzwischen 72jährigen Vater Atticus Finch, einen Rechtsanwalt, zu besuchen. Ihre Mutter ist gestorben, als sie zwei Jahre alt war, und auch ihr älterer Bruder starb wegen eines Herzfehler als junger Mann.

Sonntag, 8. Mai 2016

Pieter Webeling: Das Lachen und der Tod

- ein Roman wider das Vergessen.

Buchdaten

Taschenbuch: 320 Seiten

Verlag: Heyne Verlag

Erschienen am: 9.Februar 2015

ISBN - 13: 978-3453418110

Orginaltitel: De lach en de dood

Vielen Dank an das Bloggerportal der Random House Verlagsgruppe, die mir dieses Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


Inhalt
Der jüdische Komiker Ernst Hoffmann tritt am 11. Januar 1946 zum ersten Mal wieder in Amsterdam im Theater auf, seit er Auschwitz überlebt hat. Ein Gespräch mit dem Bühnenmeister Henri Toussaint macht deutlich, wie schwierig es für ihn ist, erneut auf der Bühne zu stehen, die ihn einst berühmt gemacht hat:

"Alle sind begeistert, dass Sie wieder da sind. Aber jetzt auftreten...das dürfte nicht einfach werden." "Ich weiß nicht", sagte ich. "Ein Lacher ist und bleibt ein Lacher. Im Lager musste ich die Menschen auch zum Lachen bringen. " "Tatsächlich? Nun, wir haben es hier ebenfalls nicht leicht gehabt, wissen sie. In Amsterdam herrschten Hunger und Kälte. Und es gab Tote! Aber gut, die Deutschen und die Lager...Man hört da so einiges. Für Sie wird der Krieg bestimmt kein Zuckerschlecken gewesen sein." (S. 9)

Das ist ein sehr euphemistische Beschreibung dessen, was dem Komiker nach seiner Deportation widerfährt.

Donnerstag, 5. Mai 2016

Natalka Sniadanko: Frau Müller hat nicht die Absicht, mehr zu bezahlen

- ein zeitgenössischer Roman, der die Geschichte eines Aufbruchs erzählt.

Buchdaten

Gebundene Ausgabe: 352 Seiten

Verlag: Haymon Verlag

Erschienen am: 23.Februar 2016

ISBN-13: 978-3709972298


Mein besonderer Dank gilt dem Haymon Verlag, der mir dieses Rezensionsexemplar freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.


Inhalt
"Heute früh wurde in der Salzstraße neben dem Haus Nummer 5 die Leiche einer Frau gefunden, die sich aus einem Fenster des dritten Stocks gestürzt hat. Zuvor hatte sie die Wohnungsinhaberin, die zweiundneunzigjährige Hanna Kopyryz, vergiftet", las Chrystyna auf der ersten Seite der Zeitung, die auf dem Küchentisch lag. "Ersten Ermittlungen zufolge handelt es sich bei der Toten höchstwahrscheinlich um ein illegale Migrantin aus der Ukraine, die zweiunddreißigjährige Solomija Krawez. Sie war die Pflegerin des Opfers."
Solomija Krawez teilte sich mit Chrystyna ein Zimmer. Noch gestern Morgen hatten sie sich beim Frühstück unterhalten. (S. 7)

Chrystyna uns Solomija stammen aus der Ukraine, aus Lwiw, und haben in einer Musikschule zusammen gearbeitet, und als diese geschlossen hat, sich entschieden das Land zu verlassen. Eine Bekannte rät ihnen nach Athen zu gehen, da sie selbst dort Arbeit gefunden hat.
Zunächst erfahren die Leser/innen, dass Chrystynas als Putzfrau in Berlin arbeitet, wobei sie die Schuldgefühle eines Ehepaares, die es als Unternehmer zu Geld gebracht haben, ihr gegenüber auf sehr treffende Art und Weise analysiert:

Jetzt schafften sie es irgendwie, ihre postproletarische Solidarität mit dem Stolz frischgebackener Unternehmer zu vereinbaren ebenso wie den Drang, sich etwas zu leisten, was früher unerreichbarer Luxus gewesen war, mit dem Versuch zu vereinen, denen gegenüber loyal zu bleiben, für die jedweder Luxus immer noch unerreichbar war. Das wäre sicher einfacher gewesen, wenn ihre Putzfrau nicht Chrystyna gewesen wäre, die ein Musikstudium absolviert und jahrelang unterrichtet hatte, sondern ein rustikale Frau vom Lande. (S. 11)

Dann erst wird der Weg der beiden Frauen von Lwiw aus nach Berlin im Rückblick aus der Sicht Chrystynas geschildert.
Sie erzählt, wie demütigend ihre Erfahrungen sind, vor der polnischen Botschaft anzustehen, und der Willkür der Beamten ausgesetzt zu sein. So kommt es, dass Chrystyna zuerst allein ein Visum für Polen erhält, von wo aus sie nach Berlin gelangt.
Dort wird sie auf dem Weg zum Flughafen von der Anwältin Eva angefahren, die sich um illegale Einwander/innen kümmert. Chrystyna, die ihren Flug verpasst, beschließt in Berlin zu bleiben, wo sie zunächst als Pflegerin arbeitet und später auch als Putzfrau. Erst ein Jahr später kommt ihre Freundin Solomija nach.
Die beiden Frauen verbindet einerseits eine Freundschaft, andererseits auch eine intensive sexuelle Beziehung, wobei nur Chrystyna homosexuell ist, ihre Freundin dagegen immer auch wieder erfolglose Beziehungen mit Männern führt.
Allmählich scheint sich aber eine ernsthaftere Bindung zwischen Chrystyna und Eva anzubahnen.
Chrystyna erscheint als ein zutiefst verunsicherter Mensch mit kaum vorhandenem Selbstvertrauen, weigert sich aber wie Eva die Hilfe einer Psychotherapeutin anzunehmen, deren Diagnosen mit ironischer Distanz daherkommen:

Evas Körper war nach Ansicht der Psychotherapeutin ein sichtbares Abbild ihrer emotionalen Probleme: Der etwas zu kurze Hals und der immer leicht nach vorn geneigte Kopf waren deshalb so geworden, wei sie sich immer vor dem abwertenden und vernichtenden Bilick ihrer Mutter geduckt hatte (...) (S.167f.)

Obwohl Chrystyna schnell Deutsch lernt, macht sie die Erfahrung, dass sie den Subtext vieler Bemerkungen nicht versteht, da sie in einer anderen Kultur aufgewachsen ist.

Das Eintauchen in die fremde Sprache war nur eine erste, oberflächliche Berührung mit einer fremden Welt, die aus vielen Schichten bestand, die sich nur langsam und unwillkürlich, manchmal auch gar nicht erschlossen. (S.146)

Solomija, die aufgrund ihrer erotischen Ausstrahlung, Probleme hat, als Kindermädchen zu arbeiten, findet schließlich eine Stelle als Pflegerin bei Hanna Kopyryz, die ihre Lebensgeschichte Solomija erzählt und die in den Roman eingebettet ist. Hannas Leben ist bestimmt von der deutschen Besatzung der Ukraine im 2. Weltkrieg, dem Zerriebenwerden zwischen den Russen, den Partisanenkämpfern und den Besatzern. Obwohl sie ihr Leben gerafft wiedergibt, wird die Grausamkeit, mit der sie konfrontiert wurde, erfahrbar.
Ihr Sohn Stefan, inzwischen deutscher Staatsbürger, bietet Solomija die Ehe an, damit sie legal in Deutschland bleiben kann. Am Ende des Romans, der insgesamt nur einen Tag umfasst, reflektiert Chrystyna die verschiedenen Ehen, vor allem die ihrer Eltern oder des Paares, bei denen sie putzt, und denkt darüber nach, ob es Zeit sei, eine feste Bindung mit Eva einzugehen.
Sie zögert ihre Ankunft in ihr Zuhause hinaus, damit das Unfassbare - der Tod Solomijas nicht wahr wird - der erst auf der letzten Seite geklärt wird.

Bewertung
In der Ankündigung des Verlags steht: "Thelma und Louise in Berlin - frech, lebendig, überraschend."
Das trifft es meines Erachtens nicht, denn der Roman zeichnet sich gerade nicht durch actionreiche Handlung aus, sondern durch leise Töne, viele Reflexionen, Rückblicke und Gedanken Chrystynas zur Heimat, zum Fremdsein, zum eigenen Welt- und Selbstbild, das nicht so selbstbewusst wie Thelma oder Louise daherkommt.
Erzählt wird die Geschichte zweier Migrantinnen aus der Ukraine, wobei die Psyche der Figuren, auch derjenigen, denen sie begegnen - wie die Arbeitgeber Chrystynas, Eva oder Stefan - im Mittelpunkt stehen. Die den Roman beherrschende Frage ist, warum die Figuren so handeln, was hat sie zu dem gemacht, was sie heute sind und welche Rolle ihre Herkunft, ihre Kindheit, ihre Beziehungen dabei spielen - und nicht so sehr, das, was sie tun.
Das ist manchmal beim Lesen anstrengend und man kann nicht über die Seiten hinweg fliegen, da in ausführlichen Reflexionen der eigenen Lebensweg, das Seelenleben in der personalen Perspektive beleuchtet wird.
Der Roman zeigt aber auch die Schwierigkeiten in einem fremden Land heimisch zu werden - am Beispiel verschiedener Figuren wie Hanna, die erst im Alter nach Deutschland kommt und mit dieser Lebenswelt nicht zurecht kommt. Aber auch viele kleinere eingebettete Geschichten beleuchten immer wieder die Migrantensituation und die damit verbundenen Hürden. Ein Roman, der in die Zeit passt und dessen sympathische Protagonistin durch den Roman trägt.