Sonntag, 1. November 2015

Cristin Terrill: Zeitsplitter - Die Jägerin

- ein spannender Zeitreise-Thriller.


Inhalt
Em und Finn, zwei ca. 20jährige Jugendliche werden jeweils in einer kleinen Gefängniszelle festgehalten, verhört und gefoltert - vom Direktor und vom Doktor, der sich jedoch niemals selbst die Finger schmutzig macht. Es geht um Aufzeichnungen, die Em, aus deren Perspektive die Ereignisse geschildert werden,  haben soll und von denen sie nicht verrät, wo sie sie versteckt hält. Der Leser tappt zunächst völlig im Dunkeln, warum die beiden an diesem schrecklichen Ort sind. Dann gelingt es Em den Deckel des metallenen Abflussgitters in ihrer Zelle zu öffnen und darin findet sie einen Zettel, den sie selbst geschrieben haben muss und auf dem steht: Du musst ihn töten. (S.15)

Allmählich kristallisiert sich heraus, dass die beiden vier Jahre in der Zeit zurückreisen müssen, bevor der Doktor die Formel für die Zeitmaschine Cassandra entdeckt hat, die - so die Andeutungen - unglaublich viel Unheil in der Welt angerichtet hat. Der Zettel, den Em gefunden hat, deutet darauf hin, dass sie dies schon 14mal getan haben. Immer wieder haben sie versucht, die Entwicklung der Maschine zu verhindern, sind jedoch jeweils gescheitert. Jedes Mal, wenn sie versucht haben, den Lauf der Geschichte zu verändern, entsteht eine Paradoxie. Die Versionen von Em und Finn bleiben jedoch in dieser Zeit, um die jeweilige Tat in dieser Zeit zu fixieren, so dass ihre jüngeren Ichs weiterleben können und immer wieder in der Gefängniszelle landen.
Klingt kompliziert - wird aber sehr schlüssig im Roman erklärt.
Der Roman springt dann zu Marina - vier Jahre zurück, die jüngere Version von Em, die jedoch noch ein völlig anderer Mensch ist. Die Ereignisse werden dann jeweils aus Marinas Sicht in der Jetzt-Zeit geschildert und parallel dazu, erfährt man, was Em und Finn, die aus der Zukunft kommen, tun, um den Doktor zu töten.
Mehr will ich an dieser Stelle gar nicht verraten, da der Roman so spannend ist und jede weitere inhaltliche Enthüllung den Lesegenuss mindern würde. Nur so viel - es gibt ein furioses Finale!

Bewertung
Wer Romane mag, die sich mit dem Paradoxon von Zeitreisen auseinandersetzen, wird das Buch lieben. Inwiefern unsere Taten die Zukunft verändern können, was geschieht, wenn man sich selbst begegnet und viele weitere Fragen werden aufgeworfen - und das so spannend, dass man das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen will - und kann.
Daneben ist es aber auch ein Entwicklungsroman, der zeigt, wie aus der schüchternen, unsicheren Marina, die nicht glaubt, dass sie es wert sei, geliebt zu werden, die junge, selbstbewusste Frau Em wird, die trotz allem, was sie durchgemacht hat, an das Gute im Menschen glaubt. Und der zeigt, wie aus einem intelligenten Jungen, der die Welt verbessern will, ein skrupelloser Wissenschaftler wird, der den Zweifel in sich fast abgetötet hat.
Und es ist auch noch ein Liebesroman, eigentlich eine Dreiecksgeschichte, aber auch dazu hier jetzt nicht mehr. Sowie ein gesellschaftskritische Dystopie, da aufgezeigt wird, wie die Zeitreisen genutzt werden können, um politische Macht zu manifestieren und einen Überwachungsstaat zu etablieren.
Insgesamt ein absolut lesenswerter Roman, der mich in den Bann gezogen hat und mich bis zur letzten Seite mit der Protagonistin  hat mitfiebern lassen.

Buchdaten
Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe (Boje)
Erschienen am: 14. Februar 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3414823908

Originaltitel: All Our Yesterdays